Lange hat er sich Zeit gelassen, doch gut Ding will eben Weile haben. Vor rund sechs Jahren veröffentlichte Flower Kings Keyboarder Tomas Bodin sein erstes Solowerk "An ordinary night in my ordinary life", jetzt legt er mit "Pinup Guru" den Nachfolger nach, der insgesamt konsequenter, eigenständiger, mehr nach einem Soloalbum, weniger Flower Kings-lastig klingt.

Die "Hauptschuld" daran liegt sicherlich in der auf Trioformat zusammengestutzten Besetzung. Bodin hat sich als weitere Mitmusiker lediglich die Rhythmustruppe der Flower Kings, namentlich Bassist Jonas Reingold, sowie Schlagzeuger Zoltan Csörsz, mit an Bord geholt. Auf sonstige Gäste, wie z.B. auch die Mitarbeit von Roine Stolt (der ausschließlich das Mastering der Scheibe unter seinem Alias Don Azzaro besorgte) greift der sympathische und humorige Tastenmann dieses mal nicht zurück. So fehlt zwar jegliche Gitarrenarbeit als Gegenpol zu den Tasten, aber dennoch vermisst man dies nur bedingt. "Pinup Guru" ist somit zwar eindeutig ein Keyboardalbum mit all den klanglichen Facetten, die man aus dem mannigfaltigen Repertoire der schwarzen und weißen Tasten herauszaubern kann, doch wirken die Titel keineswegs überladen, sondern trotz fehlendem Gesang, erstaunlich songdienlich, aber dennoch sehr abwechslungsreich und vielschichtig.

Die Grundstimmung auf "Pinup Guru" erscheint trauriger, melancholischer, als beim Vorgänger, wobei sich hier sicherlich emotional der Gemütszustand des Keyboarders wiederspiegelt - am Anfang des Komponierens dieser CD befand er sich gerade in der "Abwicklung" seiner zweiten Scheidung. Dafür stehen auf der anderen Seite viel mehr die grooviger Parts im Vordergrund, vorangetrieben vom ausgezeichneten Duo an der Rhythmusmaschinerie. Interessanterweise lotet Bodin zwar nicht ganz so experimentell seine stilistische Vielfalt aus, doch neben epischen, teils rechts komplexen Progressive Rock und klassischer Inspiration, darf es eben auch mal etwas anderes aus dem reichhaltigen Gemischtwarenladen der Musikgeschichte sein. "Harlem Heat" bekommt somit Agentenfilm und Gospeltouch, der Opener "Sodium regale" liefert georgelten Bombast in bester ELP Manier, auf verquere Passagen im Ensemble Nimbus Stil, moderne Sounds bis hin zu saftigem Jazz Rock muss man auf diesem Werk ebenfalls nicht verzichten.

"Pinup Guru" ist ein deutliches Statement von Tomas Bodin, der mit diesem Werk seine Eigenständigkeit dokumentiert, aber auch beweist, welchen unverzichtbaren Einfluss er inzwischen neben Roine Stolt auf die Flower Kings ausübt. Und wem das Album besonders gut gefällt, der kann es ja wie in den Liner Notes ironisch erbeten, gleich 2x kaufen!

Autor: Kristian Selm

© Progressive Newsletter 2002