Erst ist es über viele Jahre unheimlich ruhig um Kate Bush, dann veröffentlicht sie in kurzer Zeit gleich zwei Alben, nämlich mit "Director's cut" Neuaufnahmen aus ihren Alben "The sensual world" and "The red shoes", sowie mit "50 words for snow" auch noch gleich ein Album mit sieben neuen Songs. Zudem bricht die medial überaus zurückhaltende Künstlerin mit der Tradition von Titeln in songdienlichem Format, denn der kürzeste Song auf ihrem aktuellen Werk ist gleich mal knapp sieben Minuten lang. Das bedeutet nicht nur, dass sich Frau Bush sehr viel Zeit und Raum für die Songausgestaltung lässt, sondern sie eben nicht unbedingt auf traditionelle Formate setzt, sondern ihrem Material sehr viel Raum zum Leben, zum Entfalten lässt. Dass Alben von Kate Bush immer noch auf erhebliche mediale Beachtung stoßen, beweisen die unzähligen Kritiken und Interviews allerorten, da halten sich weder die renommierten Vertreter von z.B. Die Zeit, Deutschlandfunk oder Frankfurter Allgemeine mit ansprechend wohlwollenden Worten zurück.

Im Gegensatz zu ihrem letzten regulären 2005er Doppelalbum "Aerial" ist das Material auf "50 words for snow" sehr, sehr ruhig, passend zum Albumtitel winterlich kühl ausgefallen. Fast nur von sachter Pianobegleitung und Gesang getragen, sind die ersten drei Titel "Snowflake", "Lake Tahoe" und "Misty", die von der Laufzeit fast schon die Hälfte des Albums ausmachen, ein sehr besinnliches Schneerieseln, das zwar in seiner Schönheit beeindruckt, aber auch eine gewisse vor sich plätschernde Langatmigkeit nicht von der Hand weisen kann. Dennoch: sofern man sich auf die ausschweifende Schönheit der sparsamen Klänge und kompositorische Zurückhaltung einlässt, so gelingt Kate Bush immer noch eine ergreifende Fragilität, die Schönheit der einfachen Perfektion und inhaltliche Tiefe.

Doch erst im zweiten Teil des Albums, mit namhaften Gastauftritten wie z.B. auf "Snowed in at Wheeler Street" einem Duett mit Elton John, wird der unkonventionelle Ansatz in wesentlich fassbarere Bahnen gelenkt. Die Melodien werden greifbarer, die Musik vielschichtiger, die langsam zu Boden sinkenden Schneeflöckchen deutlich sichtbarer. "50 words for snow" hat trotzdem nicht ganz die ergreifende Musikalität und aufrüttelnde Spannungsdichte von "Aerial", ist aber dennoch ein besinnliches Jahreszeitalbum, das die frohe Hoffnung weckt, dass dies hoffentlich nicht mal wieder das letzte Statement von Kate Bush für längere Zeit war.

Autor: Kristian Selm

© Progressive Newsletter 2012